George Rona war jahrelang Anwalt in Wien und floh im Zweiten Weltkrieg nach Schweden. Er hatte kein Geld und brauchte dringend Arbeit. Da er mehrere Sprachen beherrschte, hoffte er, bei einer Import-Export-Gesellschaft als Fremdsprachenkorrespondent eine Stelle zu finden. Auf seine Bewerbungen schrieben die meisten Firmen, dass sie wegen der kriegsbedingten Situation keine neuen Mitarbeiter einstellten, sich seinen Namen aber vorgemerkt hätten, ... und so weiter.

Aber von einem Firmenchef erhielt er einen persönlichen Brief in dem stand: „Was Sie sich von meiner Firma erwarten, entspricht nicht den Tatsachen. Sie täuschen sich und sind dumm. Ich brauche keinen Korrespondenten. Und selbst wenn, würde ich Sie nicht einstellen, weil Sie nicht einmal ordentlich Schwedisch schreiben können. Ihr Brief ist voller Fehler!“

Als George Rona den Brief las, wurde er wütend wie Donald Duck.

Was bildete dieser Schwede sich ein! Zu behaupten, er könne nicht richtig Schwedisch schreiben! Sein eigener Brief wimmelte ja selbst nur so von Fehlern!

Deshalb setzte sich George Rona hin und verfasste eine Antwort, die sich gewaschen hatte.

Dann begann er zu überlegen.

„Augenblick mal,“ sagte er zu sich selbst. „Und wenn der Mann recht hat? Ich habe zwar Schwedisch lange gelernt, aber es ist nicht meine Muttersprache. Vielleicht mache ich Fehler, ohne es zu merken. In diesem Fall sollte ich mich hinsetzen und weiterlernen, wenn ich einen Job kriegen will. Eigentlich hat mir der Mann einen Gefallen getan, ohne es zu beabsichtigen. Ich muss ihm dankbar sein, auch wenn er mir nicht gerade höflich geschrieben hat. Also schreibe ich ihm und bedanke mich.“

George Rona zerriss den Brandbrief, den er schon verfasst hatte und schrieb einen anderen, in dem stand: „Es war sehr freundlich von Ihnen, sich die Zeit zu nehmen, mir persönlich zu schreiben, vor allem, da Sie ja keinen Korrespondenten brauchen. Es tut mir Leid, dass ich mich irrtümlich bei Ihnen bewarb. Meine Erkundungen hatten ergeben, dass Sie eines der führenden Unternehmen dieser Branche sind, und dies war der Grund, warum ich Ihnen schrieb. Ich wusste nicht, dass mein Brief Grammatikfehler enthielt. Es ist mir äußerst peinlich. Ich werde nun noch gründlicher Schwedisch lernen und mich bemühen, meine Fehler abzustellen. Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie mich veranlasst haben, einen neuen Anfang zu machen.“

 

Innerhalb von ein paar Tagen erhielt George Rona eine Antwort. Dieser Mann wollte ihn sprechen. Rona besuchte ihn – und bekam einen Job. George Rona erfuhr am eigenen Leib, dass eine freundliche Antwort Zorn abwendet.

 

Vielleicht sind wir nicht heilig genug, um unsere Feinde zu lieben, aber um unserer Gesundheit und unseres Glückes Willen sollten wir ihnen wenigstens vergeben.







 
Design downloaded from free website templates.